Die verlorene Tochter

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Barbara Frank – auf der Suche nach der verlorenen Tochter

Im Jahre 2007 nahmen zwei Personen unabhängig voneinander Kontakt mit der Leonhard-Frank-Gesellschaft auf, die uns um Informationen über Barbara Frank, die Tochter von Leonhard Frank und Natasha Lytess, baten. Niemand in der LFG hatte von dieser Tochter je gehört. Frank hatte auch keinen uns bekannten Hinweis auf seine Vaterschaft hinterlassen.

Wir waren interessiert, hielten Rückfragen, kamen bei den Recherchen aber nicht weiter. 2011 nahmen wir wieder Verbindung auf mit der ehemaligen Schulfreundin von Barbara Frank zu Beginn der 1960er Jahren und dem Herrn, der in Freiburg i.B. zu Beginn der 1970er Jahre als junger Mann auf Barbara Frank getroffen war. Wir vereinbarten damals Diskretion und Anonymität, woran ich mich auch heute noch gebunden fühle. In einigen Aspekten kam ich bei den Nachforschungen weiter. Außerdem wollte ich damals ein Buch über Leonhard Frank und Natasha Lytess mit dem Arbeitstitel „Strandgut Europa und der amerikanische Traum“ schreiben. Als Vorsitzender der Leonhard-Frank-Gesellschaft erhielt ich zu Beginn dieses Jahres Anfragen zu Barbara Frank und ihre Beziehung zu Leonhard Frank. Deswegen sehe ich mich veranlasst, die mir vorliegenden Erkenntnisse in Form eines essayistischen Berichts zusammenzufassen und auf der Home-Page der Leonhard-Frank-Gesellschaft zu publizieren. So werden die fragmentarischen Informationen allen interessierten Leser*innen und Forscher*innen gleichermaßen zur Verfügung gestellt. Es ist auch durchaus denkbar, dass Katharina Rudolph in ihrer wissenschaftlichen Biographie „Leonhard Frank – Rebell im Maßanzug“, die im Mai 2020 im Aufbau-Verlag erscheint, neue Erkenntnisse vorstellt. Die Leonhard-Frank-Gesellschaft hat die Wissenschaftlerin bei ihrer Arbeit unterstützt und wir sind gespannt auf das neue Buch.

Eltern

Unser Wissen über Barbara Frank ist sehr bruchstückhaft. Sie wurde am 21. Dezember 1945 in Los Angeles als Tochter der Schauspiellehrerin Natasha Lytess geboren1. Dass Leonhard Frank der Vater ist, wird bislang durch kein offizielles Dokument festgestellt. Lytess hat mitunter den deutschen Exilautor Bruno Frank als Vater angegeben. Es ist anzunehmen, dass Leonhard Frank und Natasha Lytess (1911-1963) sich im Frühjahr 1945 über ihre Arbeit für die Filmindustrie oder in den deutschen Emigrantenkreisen begegneten.

Natasha Lytess wurde am 15. 11. 1911 als Natasha oder Natalie Postmann geboren. Als Geburtsort werden Berlin und Jekatarinoslaw, heute Dnipropetrowsk in der Ukraine, angegeben. Später wählte sie als Künstlernamen Natasha Lytess, wobei sie den Familiennamen der Mutter Leites ins Englische übertrug. 1932 wanderte Natasha Postmann in die USA ein und heiratete nach der Ankunft ihren Verlobten Martin J. Lewis. 1933 reiste sie ein zweites Mal in die USA ein und lebte zunächst in New York unter dem Namen Natasha Lewis als Designerin in New York. 1940 finden wir sie unter dem Künstlernamen Lytess in Los Angeles als Schauspielerin. Sie erhielt aber nur Nebenrollen in B-Produktionen. Allerdings wurde sie als drama coach für Schauspieler*innen, die für Columbia arbeiteten, eingestellt. Sie warb für sich mit ihrer Ausbildung an einer Schauspielschule des berühmten Regisseurs und Intendanten Max Reinhardt. Zwei mögliche Zeitpunkte kommen in Frage: 1929 bis 1932 in Wien oder Berlin.Frank war 1940 von Marseille über Portugal in die USA emigriert und wurde bei Warner Br. als Drehbuchautor eingestellt. Sein Mitwirken an verschiedenen Drehbüchern ist gesichert, von denen nur wenige einer Verfilmung als Grundlage dienten. Der Schriftsteller arbeitete Ende 1944 und Anfang 1945 als „technical advisor“ bei den Dreharbeiten von „Hotel Berlin“, frei nach dem Roman „Menschen im Hotel“ von Vicky Baum, mit. Regie führte Franks Freund Alvah Bessie, Helene Thimig, die Witwe Max Reinhardts und Peter Lorre zählten zu den deutschen Schauspielern, die Rollen in dem Film übernahmen.3

Allerdings konnte Frank im Frühjahr 1945 die Rechte für die Verfilmung seiner Novelle „Karl und Anna“ verkaufen. Die englische Theaterfassung war bereits 1929 in New York in englischer Übersetzung aufgeführt worden. Leonhard Frank erhielt rund 18 500 Dollars. So konnte er seinen Job bei Warner Br. beenden und aus dem ungeliebten Los Angeles nach New York übersiedeln. Mit dem nahenden Kriegsende legte sich auch Franks Schreibkrise, die ihn während seines Exils seit 1933 in seinem literarischen Schaffen sehr einschränkte. Er schrieb eine in Deutschland spielende Novelle benannt „Deutsche Novelle“ und schloss seinen Roman „Mathilde“ ab, an dem er seit 1939 oder 1940 in Frankreich gearbeitet hatte.

Los Angeles

Nachdem Barbara Liese Frank am 21. 12. 1945 geboren wurde, muss das Liebesverhältnis zwischen Frank und Lytess bis ins Frühjahr 1945 gehalten haben. Warum aber blieb die Vaterschaft verborgen? Wir können hier nur mutmaßen. Lytess behauptete, dass der deutsche Schriftsteller Bruno Frank (1887-1945), der am 20 Juni 1045 in Beverly Hills verstorben war, Barbaras Vater sei. Sie behauptete, Bruno Franks Geliebte gewesen zu sein. Später soll sie sich auch als Witwe Bruno Franks aus. Verheiratet war der aus großbürgerlicher, jüdischer Familie stammende Bruno Frank mit Liesl Pallenberg, der Tochter der Operettensängerin Fritzy Massary (geb. 1903). Seit 1937 lebte das Ehepaar im kalifornischen Exil und bekämpfte politisch und in seinen Werken NS Deutschland und unterstützte finanziell und praktisch geflüchtete deutsche Künstler. Nach Franks Tod arbeitete seine Witwe, die noch zweimal heiratete, in New York als Literaturagentin. Die Angabe Bruno Franks als Vater von Barbara war meiner Meinung nach geschickt gewählt: Bruno Frank war verstorben und konnte sich gegen die ihm unterstellte Vaterschaft nicht wehren. Seine Witwe Liesl war in New York und bekam von den Behauptungen nichts mit. Leider sind Monroe-Biographen wie D. Spoto auf Lytess Lügengeschichten hereingefallen. Er schreibt, dass Bruno Frank und Lytess schon in Frankreich verheiratet waren und er die arme, allein versorgende Mutter verließ und 1947 nach Deutschland zurückkehrte.4

Es gibt vielleicht einen verschlüsselten literarischen Hinweis auf die Vaterschaft in Franks Roman „Mathilde“, der 1948 publiziert wurde. In dem Roman „Mathilde“ schafft er in dem älteren geflüchteten Historiker einen Emigrantenund benennt dessen Sohn wie seinen leiblichen Sohn Andreas. Tatsächlich hat er diesen Jungen erkennbar nach seinem Sohn gezeichnet, den er in dem autobiographischen Roman „Links wo das Herz ist“ ausführlich charakterisiert. Der männliche Protagonist Weston ist eindeutig ein Spiegelbild des Autors, der sich selbst in den Roman als Figur einfügt. Westons Frau Mathilde wiederum ist nach dem Vorbild von Franks mehrjähriger Partnerin und Geliebten Maria Meinen gestaltet. Beide haben eine Tochter namens Barbara, die am Ende des Romans wie auch Andreas eine zunehmend wichtige Rolle spielt. Die Spiegelung des Privaten verdichtet sich: Andreas, der Sohn des Historikers, und Barbara, die Tochter Westons, werden ein junges Paar, das sich ergänzt. So brachte Frank seine beiden Kinder ein ins Werk als Hoffnungsträger in einer Zeit, die vom beginnenden Kalten Krieg und der nuklearen Aufrüstung düster eingefärbt war. Die Hoffnung auf die junge Generation kennzeichnete auch seinen letzten Roman „Die Jünger Jesu“.5

Während des Jahres 1945 verzog L. Frank nach New York und lernte zwei Jahre später Charlotte London kennen. Er verliebte sich in sie und sie wurde schließlich seine dritte und letzte Frau. Lytess entschloss sich offensichtlich, als alleinerziehende Mutter ihre freie Berufstätigkeit fortzusetzen. Über die ersten Jahre von Barbara Frank wissen wir bislang nichts. Über Lytess berühmteste Schülerin Marilyn Monroe erfahren wir einige Kleinigkeiten aus dem Alltagsleben von Franks Tochter6. Bis 1950 hatte Lytess in einem kleinen Cottage gelebt und erwarb nun ein größeres Haus, in dem auch temporär Marilyn Monroe lebte. Die Schauspielerin spielte wohl auch mit Barbara, passte auf sie auf, wenn die Mutter ihren verschiedenen Terminen nachkommen musste.7 Bis 1951 mochte die improvisierte Kinderbetreuung ausreichen, ab 1952 musste die Tochter die Elementary School besuchen. Bis 1956 blieb Natasha Lytess bei den Fox-Studios als Schauspiellehrerin angestellt, wobei dies hauptsächlich auf ihre bislang unersetzliche Funktion für Marilyn Monroe zurückzuführen war. In 20 Produktionen coachte sie Marilyn, zeigte ihr beim Spiel einer Szene in Sichtkontakt die entsprechende Mimik und Gestik und ermöglichte so, dass Marilyn Monroe, die von großer Unsicherheit und Angst geplagt war, die Zeit am Set überstand. Die meisten Regisseure hielten sie für eine Plage, verkannten aber auch die konstruktive Rolle. Es ist bekannt, dass Lytess sich in die junge Schauspielerin hoffnungslos verliebte. Nach der Scheidung von di Maggio und ihrem Umzug nach New York löste sich Monroe aus der engen Bindung an Lytess und lernte Schauspiel an der renommierten Strasberg-Schule. Paula Strassberg wurde nun ihre private drama coach und übernahm völlig die Funktion von Lytess. Vergeblich suchte diese die persönliche Begegnung. Als der Bruch bekannt wurde, verlor Lytess ihre Anstellung bei der Columbia-Gesellschaft und ihr Haus, in dem sie sieben Jahre gelebt hatte. Sie gab nun privaten Schauspielunterricht, tauchte in einigen TV-Sendungen auf und nannte sich vorübergehend auch Tara Forman. Wann sie nach Europa zurückkehrte wissen wir bislang nicht. Anfang der 1960er Jahre lebte sie in Rom und spielte eine Nebenrolle in einem italienischen Film „Barrabas“. Wovon sie lebte, ist unbekannt. Was Barbara machte, welche Schule sie besuchte, wie sie aufwuchs, ist unbekannt. Sie begegnet uns wieder in der Schilderung einer Schulfreundin, die über die Schulzeit hinaus einen lockeren Kontakt mit ihr hielt und 2007 die Leonhard-Frank-Gesellschaft nach der Tochter des Dichters befragte. Also war in der Schule und in dem Internat, in dem Barbara untergebracht war, bekannt, dass Leonhard Frank der Vater war. Leider ist die Dame verstorben, so dass weitere Nachfragen nicht mehr möglich sind.

Am Tegernsee

Barbara Frank lebte Ende der 50er Jahre für einige Jahre in dem Internat und Landschulheim Abwinkel in Bad Wiessee. Dieses Institut wurde von einer Frau von Spieß geleitet und lag an einem großen Ufergrundstück direkt gegenüber dem Kloster Tegernsee am anderen Seeufer. Heute befindet sich dort eine große Sport-ReHa-Klinik. Die Einrichtung stand besonders Kindern aus höherstehenden und wohlhabenden Familien offen. Auch Diplomatenkinder, deren Eltern mehrere Jahre im Ausland verbrachten, befanden sich dort. Die Schulkosten waren vermutlich sehr hoch, weswegen die ehemalige Schulfreundin Barbara Franks mutmaßte, dass Barbara vielleicht nichts zahlen musste, weil das Heim sich eine solche Großzügigkeit leisten konnte. Das halte ich für weniger wahrscheinlich. Allerdings passt die Wahl eines solchen elitären Internats recht gut zu Leonhard Frank. Er kleidete sich in Maßanzüge, stieg in Luxushotels ab, zählte in den 1920er Jahren wohl zu den wohlhabendsten deutschen Schriftstellern mit mehr als 100 000 Mark Jahreseinkommen. Als er im Exil in der Schweiz und in Frankreich lebte, brachte er seinen Sohn in einem sehr angesehenen Internat unter und bezahlte die 150 Franken pro Monat trotz rückläufiger Einkünfte und Ersparnisse.

Barbara Frank besuchte das Gymnasium Tegernsee, das in zwei Flügeln des früheren Benediktinerklosters Kloster Tegernsee untergebracht ist. Barbara war in der englischen Sprache aufgewachsen und musste sich erst an die deutsche Sprache gewöhnen, die sie offensichtlich schnell erlernte. Sie besaß eine besondere Begabung für künstlerische Fächer und Aktivitäten sowie eine große Kreativität. Dies habe sich auch in der Qualität ihrer Schulaufsätze niedergeschlagen, die sie wiederholt der Klasse vorlesen musste. Regelmäßig sandte die Mutter Natasha Lytess Päckchen aus den USA mit der dort aktuellen Teenagermode, die Barbara jedoch in Deutschland nicht anziehen wollte, um nicht aufzufallen. Sie wollte in die Gemeinschaft der Kinder und Jugendlichen integriert sein. Deswegen habe sie die Kleider regelmäßig dem Kostümfundus der Schauspielgruppe gestiftet. Natürlich war Barbara Frank unglücklich über die Trennung von der Mutter, die sie sehr vermisste. Von der Bekanntschaft ihrer Mutter mit der berühmten Schauspielerin Marilyn Monroe erzählte sie angeblich nur, dass ihre Mutter sich mit dem Hollywood-Star herumärgern musste. Barbara habe jedoch Kontakt mit dem in München lebenden Vater gehabt habe. Insgesamt sei „Bobby“, so lautete der Spitzname Barbaras, im Internat und bei den Mitschülern im Gymnasium Tegernsee beliebt gewesen. Im Sommer 1961 verließ die 15jährige Barbara Frank das Gymnasium Tegernsee mit dem Abschluss der vierten Klasse (heute 8. Klasse). Es ist möglich, dass die Abmeldung von Gymnasium und Internat mit dem Tod Leonhard Franks am 18.08.1961 zusammenhing. Dies würde wiederum nahelegen, dass die Anmeldung Barbaras in dem Pensionat Abwinkel von Leonhard Frank ausging oder er sich zumindest dafür eingesetzt hatte.

Zwischen München Freiburg und Nirgendwo

Auch der weitere Lebensweg von Barbara Frank ist ungewiss und nur sehr bruchstückhaft zu rekonstruieren. Es ist anzunehmen, dass ihre Mutter Natasha Lytess zu diesem Zeitpunkt in Rom eine Wohnung besaß und dort auch als Schauspielerin arbeitete. 1963 sandte Barbara Frank einen Brief an ihr ehemaliges Gymnasium, woraus wir erfahren, dass sie in der Schweizer Stadt Chur bei einer Familie Erni im Schönmattweg 10 lebte. Vermutlich dürfte sie dort die Schule besucht haben. In Chur lebte vielleicht damals schon die Psychologin Margrit Erni (1921-2010), die 1964 mit ihrer Studie über „Das Vaterbild der Tochter“ promovierte. Von 1968 bis 1972 wirkte sie als Dozentin, von 1972 bis 1984 als Professorin für Psychologie an der Theologischen Hochschule Chur und war zusätzlich als erste Erziehungsrätin des Kantons Luzern aktiv. Hier könnten weitere Recherchen ansetzen.

Auch Barbaras Mutter, die an Krebs erkrankt war, zog von Rom in die Schweiz und suchte dort in einer Privatklinik Heilung. In ihren letzten Jahren schrieb sie ihre bislang nicht veröffentlichten Erinnerungen „My life with Marilyn Monroe“, die sie wahrscheinlich ihrer Tochter als finanzielle Einnahmequelle hinterließ. Offensichtlich ist das Manuskript noch vorhanden und konnte auch von Autoren, die eine Monroe-Biographie schrieben, genutzt werden. Es befindet sich in den USA, an einer Universität in Texas, und soll wohl von Barbara Frank dorthin gebracht worden sein. Was aus dem 16jährigen Mädchen ohne Eltern wurde, wissen wir nicht. Mitte der 1960er Jahre lebte Barbara Frank angeblich in München in der Einsteinstraße, vielleicht in einem Studentenwohnheim. Die Schulfreundin erinnerte sich, dass Barbara Frank zwischen München und New York pendelte. Dies würde familiär passen, da in New York vermutlich ein Bruder ihrer verstorbenen Mutter lebte. Sie sei von einer Frau Dr. Lutz gefördert worden, die in der Sozialverwaltung der Stadt München eine führende Stellung innehatte.

Zu Beginn der 70er Jahre machte sie in Freiburg/Breisgau die Bekanntschaft eines jungen Mannes. Sie hatte offensichtlich 1971 einen Aufenthalt im Graf Dürkheim-Zentrum beendet und suchte für ihre psychischen Probleme nun in der Klinik in Emmendingen Hilfe. Karlfried Graf Dürckheim (1896-1988) gründete mit Maria Hippius (1909-2003) 1951 die Existentialpsychologische Bildungs- und Begegnungsstätte Todtmoss-Rütte, der auch eine Schule für Initiatische Therapie angeschlossen wurde. Das Konzept dieser Therapie beruhte auf „Erkenntnissen der Einheits- und Ganzheitspsychologie“, Tiefenpsychologie, Elementen von „christlicher Mystik“ und Zen-Meditation und stellte Fragen nach den Grundlagen der individuellen Existenz, um den Einzelnen bei der psychischen Heilung auch mit der Sinnfrage zu konfrontieren. Einer entsprechend ganzheitlichen Therapie könnte sich Barbara Frank unterzogen haben. Eine Nachfrage bei beiden Einrichtungen 2011 blieb ergebnislos.

Barbara Frank war US-Staatsbürgerin, sprach jedoch perfekt Deutsch. In wohnte sie wahrscheinlich in der Schauinslandstraße. Anfangs lebte sie bei einem älteren Mann, zog dann jedoch bei ihrem neuen Bekannten ein. Sie erzählte über sich nur, dass ihre Mutter an Krebs verstorben sei, und wollte sich nicht über ihre Herkunft und ihr Leben äußern. Sie besaß Charisma und einen großen Bekanntenkreis. Sie habe sich häufig am Hauptbahnhof aufgehalten. Der junge Mann begleitete sie zum amerikanischen Konsulat in Stuttgart, als sie dort ihren Pass verlängerte. Barbara Franks „Verhalten“ führte dazu, dass ihr Mitbewohner einen Notarzt alarmierte, der Katatonie diagnostizierte und Barbara ins Bezirkskrankenhaus Emmendingen einwies. Katatonie äußert sich als eine psychomotorische Störung in unnatürlichen Verkrampfungen des Körpers. Sie tritt häufig als eine Begleiterscheinung der katatonischen Schizophrenie oder schwerer Depressionen auf, ist aber auch verbunden mit negativen Auswirkungen von Alkohol- und Drogenkonsum.

Das Zentrum für Psychiatrie Emmendingen umfasst heute ein Fachkrankenhaus und ein Psychiatrisches Pflegeheim. Die Heil- und Pflegeanstalt wurde 1889 gegründet und ab 1953 als Psychiatrisches Landeskrankenhaus weitergeführt. Seit den 50er Jahren stellten sich nach einem Artikel über die Geschichte der Einrichtung Fortschritte in der psychiatrischen Pharmakotherapie ein, zum Beispiel Antidepressiva, die zur schnellen Ablösung der Erschütterungstherapien führten. „Nach anfänglicher begleitender Pharmakotherapie bei fortgeführten Insulin- und Elektrokrampftherapien wurden die Psychopharmaka Mitte der 60er Jahre bevorzugte primäre Behandlungsmittel.“ Der Bekannte berichtete von einer Elektroschocktherapie Barbara Franks, aber vermutlich jedoch meinte er die Elektrokrampftherapien, die für katatonische Körperzustände angewendet wurden.

Barbara Frank war schon längere Zeit psychisch leidend. In Emmendingen wurde sie angeblich mit einem: „Ah, da sind sie ja wieder!“ empfangen, was auf frühere Aufenthalte schließen lässt. Auch mit Graf Dürkheim sprach der junge Mann, der ihn fragte, wie er an Barbara Frank geraten sei. Er antwortete, dass er in sie verknallt gewesen sei, worauf Dürkheim meinte: „Da liegt kein Segen drauf.“ Während des Aufenthalts in Emmendingen oder danach verlor er den Kontakt zu Barbara Frank.

Über ihr weiteres Leben liegen keine gesicherten Informationen vor. Die Schulfreundin berichtete, sie habe über Bekannte ein Gerücht aus jüdischen Kreisen gehört, wonach Barbara Frank Suizid begangen habe. Hier verlieren sich die Spuren von Barbara Frank. Die Recherchen gehen weiter. Sobald Neues auftaucht, wird der Artikel aktualisiert.


1 Aus den Immigration-Papers gehen das Datum und der Ort hervor. Dass Natasha oder Natalie, wie sie vielleicht auch hieß, in Berlin aufwuchs und lebte, wird wahrscheinlich, weil sie in eine Berliner Adresse als bisherige Heimatadresse angab. Vgl: https://de.wikipedia.org/wiki/Natascha_Lytess; https://en.wikipedia.org/wiki/Natasha_Lytess; http://www.cursumperficio.net/FichePostmannLytess.html.

3 Elisabet Lutz-Kopp, mitten entzweigebrochen. Nebenprodukt und Lebensretter. Der Film in Leben und Werk Leonhard Franks, Gerolzhofen 1995, S. 112 ff. und S. 130 ff.

4 Erwin H. Ackerknecht: Frank, Bruno Sebald. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 5, Duncker & Humblot, Berlin 1961, ISBN 3-428-00186-9, S. 339 f. (Digitalisat).Anke Hees: Frank, Bruno (Sebald). In: Wilhelm Kosch (Begründer); Lutz Hagestedt (Herausgeber): Deutsches Literatur-Lexikon. Das 20. Jahrhundert. Biographisch-bibliographisches Handbuch, Band 9. Fischer-Abendroth–Fries. Zürich 2006, Spalte 276–279.Frank, Bruno. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 7: Feis–Frey. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. Saur, München 1999, ISBN 3-598-22687-X, S. 250–268. Vgl. auch; Donald Spoto, Marylin Monroe. Die Biographie, München 1994, S.136.

5 Leonhard Frank, Mathilde, Ausgewählte Werke in vier Bänden, Bd. 3, Berlin 1991 S. 7-435, hier S. 433 ff.; Leonhard Frank, Links wo das Herz ist, Aufgewählte Werke in vier Bänden, B3, S.437-701, hier bes.687 f., 690 ff.

6 Vgl. Barbara Leaming, Marilyn Monroe. Die Biographie jenseits des Mythos, München 1999, S. 15, 29, 41 f.

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